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Gehörlose bekommen eine Stimme

Dank einer Spende der Rittal Foundation können sich 40 geflüchtete Menschen Gehör verschaffen. Wie Anna Bergeheim hörbehinderten Ukrainern dabei hilft, die deutsche Gebärdensprache zu lernen und in ihrem neuen Zuhause anzukommen – ein Besuch bei „Hand & Ohr“ in Herborn.


Wenn man nicht die gleiche Sprache spricht, kann man sich meistens irgendwie mit Händen und Füßen verständigen. Doch wenn man gar nicht spricht, ist auch die nonverbale Kommunikation schwierig. Wie es sich anfühlt, nicht „gehört“ zu werden, weiß Anna Bergheim aus eigener Erfahrung. Sie musste früh lernen, sich in einer Welt mit Buchstaben, Lauten und Barrieren zu bewegen. Heute hat die Gehörlose viel zu erzählen – zum Beispiel Geschichten über Gleichgesinnte aus der Ukraine, die nach ihrer Flucht in eine ungewisse Zukunft hier endlich in einem sicheren Umfeld zu Hause sind. Sie gibt ihnen eine Stimme.

Seit rund eineinhalb Jahren sind Anna Bergheim sowie Ludmilla Müller-Beilborn für „Hand & Ohr“ in Herborn ehrenamtlich im Einsatz. Neben der deutschen Gebärdensprache „sprechen“ sie auch die russische – und bilden so eine Brücke zwischen deutschen Dolmetschern und gehörlosen Ukrainern. „Man kann die Sprachen nicht eins zu eins übertragen. Die Gesten sind so unterschiedlich wie die gesprochene Sprache“, sagen ihre Hände und kurz darauf auch eine Männerstimme aus dem Lautsprecher ihres Laptops. Da es im Moment keinen einzigen Deutsch-Gebärden-Dolmetscher im Lahn-Dill-Kreis gibt, muss sie regelmäßig auf einen Online-Dolmetschdienst zurückgreifen – so auch bei einem Termin mit der Rittal Foundation, bei dem Geschäftsführer Rainer Reissner mehr über die Arbeit der gemeinnützigen GmbH erfahren möchte. An diesem Tag klappt das erstaunlich gut, allerdings gibt es auch Situationen, in denen die Kommunikation nicht so reibungslos läuft.


„Dass wir mit einer vergleichsweise kleinen Spende eine so große Unterstützung ermöglichen können, freut mich sehr zu hören.“
Rainer Reissner, Geschäftsführer der Rittal Foundation


Anna Bergheim berichtet von Behördengängen mit ukrainischen Gehörlosen, bei denen es regelmäßig zu Verständnisschwierigkeiten kommt. Anträge, Wohnungssuche, Schulanmeldungen. Nicht selten fehlt es an einem weiteren Dolmetscher, der ihre Gebärden zurück in die deutsche Lautsprache übersetzt. Unterstützung vom Land gebe es zur Zeit hierfür nicht, um die tauben Dolmetscher für Deutsche Gebärdensprache und russische/ukrainische Gebärdensprache zu finanzieren, erklärt Hans Beilborn, der selbst gehörlos und in der Geschäftsleitung von „Hand & Ohr“ und gleichzeitig 1. Vorsitzender des Gehörlosen Ortsbund und Sportverein Herborn e.V. tätig ist. „Es ist schwierig, einen Kostenträger für taube Übersetzer zu finden. Keiner fühlt sich zuständig“, beklagt er. Dabei sei der Bedarf nach wie vor sehr hoch.

Als die Situation ganz akut war, kurz nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges, hat Anna Bergheim bis zu 70 Stunden im Monat von ihrer Freizeit für die ehrenamtliche Übersetzungshilfe abgezwackt – dabei ist sie auch noch bei zwei „richtigen“ Jobs angestellt. Heute kommt die Ehrenamtlerin auf rund 20 Stunden, in denen sie vor allem geflüchteten Schülerinnen und Schülern mit fehlenden (Gebärden-)Sprachkenntnissen über alltägliche Hindernisse hilft: Sie übersetzt schriftliche Aufgaben von Arbeitsblättern oder Fragen des Klassenlehrers und hilft dabei, neue „Wörter“ zu lernen. Da die nächste Gehörlosenschule im 70 Kilometer entfernten Bad Camberg ist, findet ihr Zusatzunterricht online statt. „Wenn wir den Laptop nicht hätten, könnten wir nicht helfen“, betont die Stimme aus dem Off, während Hans Beilborn auf das Gerät zeigt, das die Rittal Foundation kürzlich gestiftet hat. „All das ist nur mit ihrer Hilfe möglich.“

Anna Bergheim „spricht“ deutsche und russische Gebärdensprache. Damit ist die Gehörlose eine riesige Hilfe für geflüchtete Ukrainer, die sich nicht mit Worten verständigen können.


„Dass wir mit einer vergleichsweise kleinen Spende eine so große Unterstützung ermöglichen können, freut mich sehr zu hören“, entgegnet Geschäftsführer Rainer Reissner. „Durch das Projekt werden gehörlosen Kindern langfristig echte Perspektiven eröffnet“, sagt Reissner und wird an diesem Tag von Hans Beilborn mit einer herzlichen Umarmung verabschiedet.

Die Rittal Foundation zu Besuch bei „Hand & Ohr“: Geschäftsführer Rainer Reissner (2. v. r.) und seine Assistentin Cornelia Hepp (r.) sind begeistert von der Arbeit der gemeinnützigen GmbH mit Sitz in Herborn. Um ukrainischen Geflüchteten die Integration zu erleichtern, leisten Anna Bergheim (l.), Hans Beilborn (2. v. l., 1. Geschäftsleitung) und Henrike Bundenthal (M., Leitung Gebärdensprachschule/zertifizierte Audiotherapeutin) Übersetzungshilfe.

 

Kontakt

Telefon: +49 (0) 2773 / 924-6582
E-Mail: rittal.foundation@rittal-foundation.com

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